Von Oldtimer bis Luxussportwagen: Welches Öl braucht welcher Motor?

Von Oldtimer bis Luxussportwagen: Welches Öl braucht welcher Motor?

Hand aufs Herz: Wenn Sie vor dem Regal mit Motorölen stehen oder sich durch Online-Shops klicken, fühlen Sie sich da auch manchmal etwas verloren? Die Auswahl ist riesig, die Etiketten sind voll mit kryptischen Kürzeln und die Preisspanne reicht von „Discounter-Schnäppchen“ bis hin zu „flüssiges Gold“. Dabei ist die richtige Wahl des Schmierstoffs keine Raketenwissenschaft, aber sie entscheidet darüber, ob Ihr Motor schnurrt oder langsam stirbt.

Egal, ob Sie einen historischen Schatz in der Garage hüten oder einen modernen Sportwagen über die Autobahn jagen – jeder Motor hat seinen eigenen Charakter und damit ganz eigene Bedürfnisse. Ein falsches Öl führt nicht zwangsläufig sofort zum Motorschaden, aber es beschleunigt den Verschleiß. Schauen wir uns also an, was wirklich zählt, damit Sie beim nächsten Ölwechsel genau wissen, wonach Sie greifen müssen.

Der Code-Knacker: Was uns die Flasche verrät

Bevor wir zu den Unterschieden zwischen einem 60er-Jahre Klassiker und den Luxusautos der Bundesliga-Spieler kommen, müssen wir die Hieroglyphen auf der Flasche entschlüsseln. Das wichtigste Merkmal ist die Viskosität; also wie zähflüssig das Öl ist.

Sie kennen sicher Bezeichnungen wie 5W-30 oder 10W-40. Das ist die SAE-Klasse.

  • Die Zahl vor dem „W“ steht für „Winter“. Je niedriger diese Zahl, desto flüssiger bleibt das Öl bei Eiseskälte. Ein 0W-Öl ist bei Minusgraden fast so flüssig wie Wasser und durchölt den Motor beim Kaltstart blitzschnell. Ein 20W-Öl ist dagegen bei Kälte zäh wie Honig.
  • Die Zahl nach dem W beschreibt die Zähigkeit bei Betriebstemperatur (100 Grad Celsius). Je höher der Wert, desto stabiler bleibt der Schmierfilm bei Hitze und Belastung.

Dann gibt es noch die Qualitätsstandards, meistens API (amerikanischer Standard) oder ACEA (europäischer Standard). Diese Kürzel definieren, wie gut das Öl reinigt, wie viel Asche es bei der Verbrennung hinterlässt und wie belastbar es ist. Aber Vorsicht: Nur weil ein Standard „neuer“ oder „höher“ ist, ist er nicht automatisch besser für Ihr Auto.

Mineralisch, Teilsynthetisch oder Vollsynthetisch?

Das ist die nächste große Glaubensfrage. Mineralöle sind die Urgesteine. Sie werden direkt aus Erdöl raffiniert. Sie sind günstig, haben aber Schwächen bei extremen Temperaturen. Sie werden zu dünn, wenn es heiß wird, und zu dick, wenn es kalt ist. Synthetiköle kommen aus dem Labor. Chemiker haben hier die Molekülketten so designet, dass sie extrem hitzestabil sind und dennoch bei Kälte gut fließen. Sie sind der Standard für fast alle modernen Autos. Teilsynthetische Öle liegen irgendwo dazwischen – ein Kompromiss aus Preis und Leistung.

Doch welches Öl gehört nun in welchen Motor? Hier scheiden sich die Geister – und die Technik.

Oldtimer: Warum modernes Öl pures Gift sein kann

Wer einen Oldtimer fährt, meint es oft gut und kauft das teuerste, modernste Hightech-Öl. Leider tun Sie Ihrem alten Schätzchen damit oft keinen Gefallen. Motoren, die vor den 1980er oder 1990er Jahren gebaut wurden, sind konstruktiv völlig anders ausgelegt als heutige Triebwerke.

Das größte Problem ist ein kleines chemisches Detail: Zink. Genauer gesagt Zinkdialkyldithiophosphat (ZDDP). Dieser Zusatzstoff war früher in hohen Mengen im Öl enthalten. Er legte sich als Schutzschicht auf die Metallteile. Alte Motoren mit ihren speziellen Nockenwellen und Ventiltrieben brauchen diesen Zink-Puffer zwingend, um Metall-auf-Metall-Kontakt zu verhindern.

In modernen Ölen wurde der Zink-Anteil stark reduziert. Der Grund? Zink schadet modernen Katalysatoren. Füllen Sie also ein modernes „Low-SAPS“-Öl in einen Oldtimer, fehlt dieser Verschleißschutz. Die Nockenwelle kann einlaufen, der Motor nimmt Schaden.

Ein weiteres Problem sind die Dichtungen. Alte Motoren nutzen oft Dichtungen aus Kork, Filz oder Papier. Moderne synthetische Öle enthalten aggressive Reinigungsadditive (Detergentien), die diese alten Materialien angreifen oder schrumpfen lassen. Die Folge: Der Motor wird undicht und markiert sein Revier mit Ölflecken.

Für Klassiker gilt daher: Greifen Sie zu speziellen Oldtimer-Ölen (oft mineralisch oder mild legiert) mit hohem Zinkanteil und einer Viskosität, die die größeren Fertigungstoleranzen alter Motoren ausgleicht – wie etwa ein sattes 20W-50.

Moderne Sportwagen: Wenn Hitze der Feind ist

Ganz anders sieht die Welt bei aktuellen Luxus- und Sportwagen aus. Hier arbeiten wir mit winzigen Toleranzen, Direkteinspritzung und oft mit Turboladern. Ein Turbolader dreht sich mit bis zu 100.000 Umdrehungen pro Minute und wird extrem heiß.

Hier hat Mineralöl nichts verloren. Es würde bei diesen Temperaturen verbrennen und Ölkohle bilden, die feine Ölkanäle verstopft. Der Tod für jeden Turbo. Gerade die leistungsstarken Motoren verlangen daher zwingend nach vollsynthetischen Ölen, die auch bei über 150 Grad Öltemperatur nicht reißen.

Noch wichtiger als die Viskosität sind hier die Herstellerfreigaben. Porsche, BMW, Mercedes oder VW geben exakte Rezepturen vor. Ein Öl mit der Freigabe „Porsche A40“ oder „BMW Longlife-04“ hat eine Reihe härtester Tests bestanden. Die Autohersteller arbeiten eng mit den Ölproduzenten zusammen, um das Öl exakt auf die Legierungen und Dichtungen des Motors abzustimmen.

Ein vermeintlich passendes 5W-30 aus dem Baumarkt ohne die korrekte Freigabe kann dazu führen, dass der Schmierfilm bei Vollgas auf der Autobahn abreißt oder dass Additive sich nicht mit der Beschichtung der Zylinderwände vertragen. Bei einem Motor, der so viel kostet wie ein Kleinwagen, ist das Sparen an der falschen Stelle.

Die häufigsten Fehler beim Ölkauf vermeiden

Es gibt ein paar Fettnäpfchen, in die Autofahrer immer wieder treten. Wenn Sie diese vermeiden, sind Sie auf der sicheren Seite:

  1. Das „Viel hilft viel“-Prinzip: Ein Ölwechselintervall zu überziehen, ist riskant. Additive bauen sich ab, das Öl verschmutzt. Aber auch das Gegenteil – das Mischen wilder Cocktails – ist gefährlich. Mischen Sie niemals wahllos verschiedene Viskositäten oder Marken, außer im absoluten Notfall, um zur nächsten Werkstatt zu kommen.
  2. Blindes Vertrauen auf die Marke: Nur weil „Castrol“ oder „Mobil 1“ auf der Flasche steht, passt es nicht automatisch in Ihren Motor. Drehen Sie die Flasche um. Das Kleingedruckte auf der Rückseite (die Freigaben) ist entscheidender als das Logo auf der Vorderseite.
  3. Die falsche Jahreszeit: Bei Oldtimern, die im Winter gefahren werden, muss man eventuell auf ein dünneres Winteröl wechseln (Einbereichsöle). Wer das dicke Sommeröl im Winter drin lässt, riskiert beim Kaltstart enormen Verschleiß, weil die Ölpumpe nur zähen Sirup fördert.

Fazit: Ein Blick ins Handbuch spart bares Geld

Die Chemie moderner Schmierstoffe ist komplex, aber die Entscheidung für Sie als Fahrzeughalter muss es nicht sein. Der sicherste Weg führt immer zuerst ins Handschuhfach: Das Bordbuch Ihres Fahrzeugs ist die Bibel.

Dort steht schwarz auf weiß, welche Viskosität und – noch viel wichtiger – welche Norm (z.B. VW 507 00 oder MB 229.5) gefordert ist. Halten Sie sich strikt daran. Bei Oldtimern, wo Handbücher oft fehlen oder veraltete Ölnamen nennen, hilft der Weg zum Spezialisten oder in Marken-Foren, um die moderne Entsprechung zu finden.

Denken Sie daran: Öl ist ein Konstruktionsbauteil Ihres Motors, genau wie ein Kolben oder ein Ventil. Es ist das günstigste Bauteil, das Sie regelmäßig tauschen können, um den Wert Ihres Wagens zu erhalten. Ob historisches Kulturgut oder High-End-Bolide – mit dem richtigen Saft im Tank bleibt der Fahrspaß garantiert lange erhalten.

 

 

Öl Engel Team

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